Wenn man zum Beispiel unbedingt fünf Kilo abnehmen möchte und dieses Ziel zunächst auch erreicht, findet man sich häufig fünfzehn Jahre später mit einem Übergewicht von dreißig Kilo wieder, obwohl man sich die ganze Zeit kalorienarm ernährt hat.
Täglich hören wir von Ärzten, dass sich bei ihren Patientinnen trotz einer strengen Diät (800 Kalorien) und zahlreicher Entbehrungen, keine Gewichtsabnahme eingestellt hat, sondern dass sie in der Mehrheit der Fälle sogar noch an Gewicht zugenommen haben.
Dies ist umso problematischer, als sie während der Diät an einem Mangel an lebenswichtigen Nährstoffen (essentiellen Fettsäuren, Mineralsalzen, Vitaminen und Spurenelementen) leiden, was eine starke Müdigkeit und vor allem eine erhöhte Krankheitsanfälligkeit, die durch die geschwächte Abwehr ausgelöst wird, zur Folge hat.
Des Weiteren traten bei der Mehrheit dieser Patientinnen Depressionen, Heisshungeranfälle und sogar Magersucht auf.
Diesen Frauen bleibt nun nichts anderes mehr übrig, als die Hilfe eines Psychiaters in Anspruch zu nehmen.
Außerdem begünstigen diese „Ziehharmonika-Diäten“ das Entstehen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ohne dass Hypercholesterinämie, Diabetes oder regelmäßiges Rauchen vorliegen muss.
Professor Bronwell von der Universität Pennsylvania hat das Phänomen bei Laborratten untersucht, indem er ihnen abwechselnd kalorienarmes und kalorienreiches Futter verabreicht hat.
Bei den Tieren war sowohl ein Gewichtsverlust als auch eine Gewichtszunahme zu verzeichnen.
Es gab jedoch Unterschiede hinsichtlich der Dauer. Bei der ersten Diät verloren die Ratten innerhalb von drei Wochen ein bestimmtes Gewicht und nahmen es dann innerhalb von sechsundvierzig Tagen wieder zu. Bei der zweiten Diät verloren die Tiere das gleiche Gewicht erst innerhalb von sechsundfünfzig Tagen und nahmen es dann bereits innerhalb von zwei Wochen wieder zu. Danach wurde es immer schwieriger, eine Gewichtsabnahme zu erzielen und es kam viel schneller zu einer Gewichtszunahme. Dies beweist, dass sich der Stoffwechsel an die verringerte Kalorienzufuhr anpasst.
Zwar kann jede Verringerung der Kalorienzufuhr den Stoffwechselverbrauch um mehr als 50 %herabsetzen, doch führt jede Rückkehr zur normalen Ernährungsweise, auch wenn sie nur von kurzer Dauer ist, unweigerlich zu einer drastischen Gewichtszunahme. Je größer im Übrigen der Abstand zwischen der Diät und der normalen Ernährungsweise ist, desto schneller nimmt man wieder an Gewicht zu.
Zwar ist die Wirkung dieser „Ziehharmonikadiäten“, die zu einer Gewichtsveränderung nach dem Jo-Jo-Prinzip führen, bestens bekannt, doch wird dies paradoxerweise von den Spezialisten nur sehr zögernd bekannt gemacht, als ob absolutes Stillschweigen vereinbart worden wäre. Es ist fast so, als scheute man sich heute, zuzugeben, dass man seit fünfundvierzig Jahren eine völlig falsche Ansicht vertreten hat.
Deshalb ist der Vorstoß, den Professor Apfelbaum auf dem Internationalen Kongress in Antwerpen im September 1993 gewagt hat, zu begrüßen, als er folgende Frage stellte (und diese anschließend bejahte): „Haben wir uns in der Behandlung der Fettleibigkeit allesamt getäuscht?”
Seltsamerweise sind die Menschen, die davon betroffen sind und darunter zu leiden haben, immer noch nicht bereit, die Wahrheit zu akzeptieren.
Als ich einmal einer Einladung des Fernsehens folgte, an einer großen Fernsehdiskussion über das Phänomen der Fettleibigkeit teilzunehmen, kam ich einige Minuten lang auf dieses Thema zu sprechen, allerdings ohne großen Erfolg. Als die Sendung, die aufgezeichnet worden war, dann ausgestrahlt wurde, war die Passage einfach gestrichen worden, wahrscheinlich aus reiner Interesselosigkeit!
Eine Journalistin, die für ihre sachlichen Artikel über die Gesundheit bekannt ist, hat einmal einen langen Bericht verfasst, in dem sie den Sinn der kalorienreduzierten Diäten in Frage stellte und, wie wir es gerade getan haben, deren Gefahren aufzeigte. Es wurde ein absoluter Reinfall, kein einziger Leserbrief ging ein! Es herrschte völlige Gleichgültigkeit, während irgendeine „Wunderdiät“ sofort Beachtung finden würde.
Man muss sagen, dass das „Phänomen der reduzierten Kalorienzufuhr“ in unserer westlichen Gesellschaft eine kulturelle Bedeutung erlangt hat. Es hat sich überall, und vor allem in den USA, in allen Bereichen fest etabliert.
Wie soll man ein Prinzip in Frage stellen, das immer noch auf dem Lehrplan sämtlicher medizinischer Fakultäten steht, als Grundlage der Ernährungslehre propagiert wird und in sämtlichen staatlichen Einrichtungen, Krankenhäusern, Schulen und Betrieben angewendet wird?
Wie soll man ein Prinzip in Frage stellen, das einen wichtigen Wirtschaftszweig unserer westlichen Welt darstellt?
Die Nahrungsmittelindustrie boomt, denn sie ist in einigen Ländern, wie zum Beispiel in Frankreich, der wichtigste Industriezweig und einer der erfolgreichsten dazu.
Wenn man in Frankreich die SLAL1 besucht, stellt man fest, dass sich die Anstrengungen der Industrie bei der Entwicklung neuer Produkte auf die kalorienreduzierte Ernährungsweise konzentrieren.
Sämtliche Marktstudien sind eindeutig: In diese Richtung muss man sich orientieren, das ist der Markt der Zukunft! Die Entwicklung neuer Produkte wird dann danach ausgerichtet. Im Laufe der Jahre haben die Light-Produkte jedoch an Boden verloren.
Auch der Hotelbereich blieb von dem „Virus“ der kalorienreduzierten Ernährungsweise nicht verschont. In vielen Hotels findet man bereits kalorienarme Menüs auf der Speisekarte. Andere haben einen Teil ihres Hotelbetriebs auf kalorienreduzierte Küche umgestellt.
Die Trügerischen Eiweissdrinks
Man sollte wissen, dass zu den strengsten kalorienreduzierten Diäten die VLCD (Very Low Calories Diet) bzw. Diäten auf der Basis von Liweißdrinks zählen.
Diese Proteindiät, die theoretisch für schwerwiegende Fälle gedacht ist (mit einem BMI von mehr als 30 2), wird leider immer noch von einigen Ärzten verordnet und von Frauen sogar ohne entsprechende ärztliche Überwachung eingenommen.